Kammtour Hof -Krippen

 

Ein Frühlingsständchen auf dem Kamm


Als Harzsturm im Erzgebirge geplant, der Leber und dem Hausfrieden

zuliebe zu einer Mehrtagesgeländeradtour von Hof in die sächsische Schweiz umgeplant, sollte die Tourensaison 2012 auf dem Erzgebirgskamm eröffnet werden. Natürlich nicht ohne die Himmelfahrtssuhlein Johanngeorgenstadt zu streifen. Nach ausgiebigen Studien des Tarifsystems und der Fahrtenbücher der

Deutschen Bahn stellte sich die Anreise per PKW nach Dresden und dem anschließenden Bahntransfer nach Hof als günstigste Variante heraus. Zudem ist die Bahnstrecke über Freiberg, Chemnitz und Plauen echt ein Erlebnis.

Auch konnte man hier gut mitverfolgen wie die letzten Boten des Winters als Schneeregenschauer übers Gebirge peitschten. Doch erste größere Wolkenlücken ließen die Hoffnung auf trockene Tage wachsen.

Hof, dieses Juwel Oberfrankens, empfing uns gleich mit den ersten saftigen Höhenmetern. Die Jugendherberge, die zum Glück vorgebucht war, befand sich auf einem der vielen Hügel im Stadtgebiet. Ausser einem Umschlag mit meinem Namen war aberniemand und nichts anzutreffen. Auch schön, eine Herberge für uns allein. Da sich meine Frau nicht in die erste Pinte traute und alle übrigen Restaurationen zu Pizzabringdiensten umgewandelt schienen landeten wir den ersten Abend beim Chinesen. Der war allerdings um Welten besser als alles was ich in B bis jetzt erlebt habe und sorgte zudem für den traditionellen Ballast den man vom Start der Tour zum Ziel trägt - hier eine 0,33l Flasche Pflaumenwein.  




Hof - Johanngeorgenstadt


Nach einer ruhigen Nacht und einem DIN-Frühstück wurden bei sonnigem aber noch frischem Wetter die Räder gesattelt. Das erste Mal wollten wir uns auf satellitengestützte Navigation verlassen. Auf Papier wurde nur ein Exemplar mit Skirouten mitgeführt. Hoffentlich habe ich nicht so viele Stromleitungen, Gastrassen und Kreisgrenzen als fahrbare Alternativen erwischt.

Traumwandlerisch konnten wir so "vom Hof rollen". Bayrisch korrekt ging es über kleinere Wirtschaftswege der tschechichen Grenze entgegen. Als wir diese dann passiert hatten wurde es auf grob geschotterten aber akkurat nummerierten Waldwegen plötzlich ruhig. Kleine Dörfer wurden durchfahren ein Ahoi hier ein Ahoi da und schon waren wir wieder in Deutschland. Durch ein verwachsenes Kerbtal führte die Schreibtischplanung nach Bad Elster. Am Gondelteich tobte der Herrentagsmob. Wir ließen uns kurz zu einer Ponnywurst und dem ersten Bier des Tages nieder.




Die folgenden höhenmeterreichen Kilometer hatte ich auf auf die Straße gelegt bevor es hinterm Museumsdorf Landwüst wieder in den Grenzbusch abbog. Erst zaghaft, denn der geplante Weg war nicht vorhanden, dann entschlossener als Loipenschilder den Weg wiesen. Wenig später fanden wir uns auf einer kilometerlangen Gerade durch den Forst wieder. Ohne Rücksicht auf Topographie hindurch gefräst und zum Teil schön schlammig ob der Schneeregenschauer des Vorabends. Aus dem Nichts tauchen nun Herrentagsgesellschaften in unterschiedlichen Wachkomazuständen auf. Alle haben ein Ziel. Der Hohe Stein, ein Aussichtsfelsen mit Blicken weit ins Vogt- und Egerland.




Weiter geht es über satte Wiesen und herrlichen Ausblicken bevor uns der Track wieder tief in den Busch schickt. Zerwühlt sticht der Weg steil durch den Forst. Schieben und fluchen ist angesagt. Wird das besser? Wann? Doch bald sind wir wieder auf einem Forstweg der auf kurzem Weg die erarbeiteten Höhenmeter Richtung Klingenthal vernichtet. Wir entscheiden uns ein Stück den Talweg zu fahren um im weiten Bogen auf den Aschberg zu fahren. Doch auch diese Variante hat es in sich. Zum Glück hob hier das Jungendblasorchester gerade zum Halali an und lockte uns zu Kuchen und Bier ins Waldgut. Das Bier war kühl und vertraut, der Kuchen jedoch ungewohnt heiß und eine verdammt langwierige Angelegenheit.




Die letzten Kilometer bis Johanngeorgenstadt schienen nun nur noch ein Katzensprung, die Sonne stand schon tief am Himmel.

Immer öfter kommen uns nun Bergradler entgegen. Einer mit Mehrtagesrucksack überholt uns, ist sich aber ob des Weges unsicher. Wir kommen ins Gespräch, er schließt sich ein Stück an. Wir staunen nicht schlecht als wir erfahren das er am Vortag in Nürnberg aufbrach um in 5Tagen über Dresden bis Berlin zu fahren. Wir empfehlen ihm das Gasthaus Henneberg für die Nacht, evtl. hatts ja geklappt? Als wir nach 87km im Wanderheim im Jugel einrollen herrscht Stille, Räder liegen überall in den Wiesen. Das kann nur bedeuten das wir zu spät zum Essen kommen. Im kuschelig warmen Gastraum tummelt sich die Rotte und tauscht die Geschichten des Tages. Wir kämpfen noch kurz mit den Widrigkeiten der Dusche und platzieren uns zwischen bigfoot und Konnie bevor es ans Lagerfeuer geht. Alle beweisen eine gute Kinderstube.   


Johanngeorgenstadt - Hora Svate Kateriny


Nach einer ruhigen Nacht und einem herrlich entspannten Frühstück verabschieden wir uns von der Meute und quälen uns die gestern vernichteten Meter zum Kamm wieder hinauf. Der Himmel zieht sich mehr und mehr zu, ein frischer Wind macht es umso kühler. Der Weg ist uns von unser Skitour vor ein paar Jahren noch vertraut.




Nur selten schalten wir das digitale Helferlein ein um sich der kürzesten Verbindung zu vergewissern. Über Pernink geht es teils auf Schmalen Pfaden nach Bozi Dar wo wir um die Mittagszeit ein weiteres Restaurace testen. Der Altböhmische Teller und ein frisches Blondes stärken für den Weg über den Keilberg. Die Gegend hier ist trotz des trüben Wetters bei einstelligen Temperaturen für unseren Geschmack zu voll. Die letzten Schneereste auf den Pisten werden wohl auch noch ein paar Tage liegen.




Die Passage nach Medenec lässt sich nur teilweise im Gelände absolvieren. So werden jetzt mal 10km auf der Straße gemacht. Als wir an der Talsperre Prisecnice die wiedergewonnene Einsamkeit loben, treffen wir auf eine Gruppe von sächsischen Trekkingradlern die in Bozi Dar schon ihren unterhopften Zustand beklagten. Deren Straßenvariante war dann doch schneller. Als Tagesziel hatten wir eigentlich Satzung auserkoren. Doch der Nachmittag war noch jung und die Verfassung gut. So sind wir spontan weiter auf tschechischer Seite geblieben und wollten in Kalek Quartier beziehen. Bunte Schilder kündigten bereits das Vorhandensein eines Hotel an. Bereits in Nacetin 2km zuvor gab es eine Pension mit Bistro. Dann in Kalek angekommen war es nicht ganz einfach das Hotel zu finden.Alles voll. Noch war es ja hell und die Sonne kam für die letzten Stunden des Tages noch einmal hervor. Über Lesna ging es nach Svate Kateriny. Dort  wurde dann auch gleich die Pension Praha geentert. Zwar mit feinstem Raucherlokal aber ruhig gelegen und gut geheizt. Nach 96km auf der Uhr verpufften die Bierchen wie im Flug. Da wir ja nun schon einige km über dem Tagesziel waren lag die Überlegung nahe am nächsten Tag über die Talsperre Flaje, Nove Mesto, Zinnwald, das Mückentürmchen, den Tisaer Wänden über den Schneeberg bis ins Elbtal abzufahren. Karten wurden gewälzt, Entfernungen geschätzt.



Hora Svate Kateriny - Krippen


Auch hier war das Frühstück ausgezeichnet und schon konnte es bei schönstem Sonnenschein und milden Temperaturen wieder auf den Weg gehen. Am Windpark von Nova Ves wurde eine Streckenalternative versucht die höhenneutraler schien.




Nach dem Wasserfassen am Vietmarkt in Minsk fingen diese neuen Flaschen im Halter dämlich an zu klappern und quietschen. Diese Geräusche sollten uns nun den ganzen Tag begleiten. Immer entlang der Grenze geht es nun bis zu Talsperre Flaje, um diese herum und dann wieder hinauf Richtung Dlouha Louka. Die Radlerdichte wird nun wieder größer. Ambitionierte Hobbysportler wechseln sich mit Ausflugsradlern ab.




Die folgenden Kilometer haben wir diesen Winter mehrfach mit Ski zurückgelegt. Doch ohne Schnee sieht alles nicht nur anders aus auch so manche Steigung entpuppt sich als Tritt ins Kreuz. Auf dem weiteren Weg zu Komary hurka entscheiden wir uns für die flachere Radwegvariante und drücken nur die letzten Meter zum Gasthaus. Hier ereilt uns dann wieder der Tourischock. Automobilisten versuchen direkt auf der Terrasse einzuparken, Großfamilien arbeiten sich durchs Grillangebot und die Schnäppchengourmets bevölkern das Restaurant. Wir wollten eigentlich noch einen schönen Palatschinken mit Bier bevor es auf den letzten Ritt ins Elbtal geht. Da man uns aber im Gewühl ignoriert und es extrem hektisch zugeht nehmen wir nur eine schnelle Bratwurst und stürzen uns über Adolfov hinab vom Kamm.




Endlich wir es auch wieder ruhiger. Die Streckenplanung führt dann auch durch die Tisaer Sümpfe. Wo ich in der Tat eine Kreisgrenze mit dem Wanderweg verwechselt habe. Jener (E3) war aber auch so mies beschildert das wir unvermittelt in einem halb verlassenem Militärgelände landen und ein auf der Strasse durch Tisa entlang der Sandsteinfelsen rollen. Die Landschaft und das Wetter haben sich mittlerweile total gewandelt. Fast sommerlich kommen die Ausläufer der böhmisch sächsischen Schweiz daher. Noch einmal heißt es die Fuhre ein paar Höhenmeter zum Fuße des hohen Schneeberges zu drücken. Hier entscheiden wir uns die versagt gebliebene Plinsenpause nachzuholen. Die nächsten 30km geht es fast nur bergab. Durch endlos scheinende Täler rollen wir der Elbe entgegen. Nur nach Cunnersdorf geht es noch einmal über einen Sattel bevor die neu asphaltierte Straße bis Krippen an die Elbe führt.




Nach ziemlich genau 100km erreichen wir den Bahnhof und bekommen auch direkt eine S-Bahn nach Dresden. Berauscht von den Erlebnissen der letzten Tage gönnen wir uns ein lässiges Abendmahl im Körnergarten unterm Blauen Wunder.




" Freude, Freude treibt die Räder in der großen Weltenuhr … " Ich hätte nicht gedacht das man Hof - Krippen, zumeist im Gelände und mit Gepäck, in drei Tagen fährt. Auf diese Weise gab es von Donnerstag bis Samstag keine Lücken im Programm. Auch Dank der Vollpension in der Sturmherberge.

 

Donnerstag, 17. Mai 2012

 
 

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