Best of Lausitz

 

Als Toni an diesem sonnigen Freitagmorgen das "Leiti" in den Kofferraum faltete bemerkte er im Augenwinkel das kleine Denkmal Erich Mühsams. War es der bloße Name oder Werke wie 'Brennende Erde, Verse eines Kämpfers' die ihn kurz innehalten ließ.




Vorerst verschwieg er seine Entdeckung als kurz darauf auch der Sachse

mit seinem Karbongeröhr am Adlergestell verklappt wurde. Ahnungslos setze sich der Wagen mit den Dreien auf den Weg zu den Hügeln der Lausitz und der böhmischen Schweiz in Bewegung.


Ich hatte mir eine ein paar Auszüge aus dem Jestedprojekt herausgegriffen und mit einem Besuch der Malevilranch garniert. Heimtückisch wählte ich bereits den Startpunkt der Tour auf den Ungerberg. Einer 15 minütigen Abfahrt sollte die Ängste beim Anblick der steilen Hänge zunächst nehmen. Nachdem Sebnitz passiert war offenbarte sich aber der wahre Charakter der nächsten 8 Stunden. Es ging bergauf und spätestens auf dem Tanzplan waren die Beinchen warm. Der Regen der letzen Tage sorge sogleich für die richtige Bemalung von Ross und Reiter. Nachdem die gerade gewonnenen Höhenmeter in einer rasanten Abfahrt in Kirnitschtal vernichtet waren, fragten wir uns an den ersten tschechischen Gaststuben ob man nicht doch lieber….?




Nö, die nächsten Anstiege führten uns sodann über malerische Wiesen, tiefe Wälder über den Jedlova zur Lausche. Was haben sich die Jungs über die Serpentinen zum Gipfel gefreut, geht es hier auch technisch zur Sache. Ein Blick auf die Restkilometer bestätigte die Befürchtung, noch nicht wirklich weit gekommen zu sein.




Ein Plan B musste her und da der Rückweg keine 5km südlich verlief, schnitten wir den Weg einfach ab. Unvermittelt kreuzten wir dabei auch den ominösen Bierkühlschrank der Mäusebaude, der uns vor ziemlich genau einem Jahr vor dem Malevilcup vor dem Verdursten rettete. Alsbald führte uns unser Weg auf die Schöberlinie, einer Bunkerlinie die von der Elbe bis in die Lausitz führt. Mittlerweile hatte der Sachse alle Stullen aufgefuttert und Toni und mir gingen die Riegel aus.




Der nächste Hostinec sollte unser sein. Doch gab es keinen. Ungestört von jeglicher Zivilisation, führte der Weg tief in den Wald. So bogen wir mit Absicht nach Liska am Studenec ab, um uns ein Päuschen zu gönnen.

Das wir den Ort an seiner höchsten Stelle erreichten und uns Einheimische nach unten schickten nahmen wir ob der leeren Akkus in Kauf. Nur das die angepriesene Pinte zu hatte war weniger schön. Sollten wir die hart erkämpften Hm umsonst hergeschenkt haben? Nein, ein Ortsplan aus Zeiten des Prager Frühlings wies ein paar Meter weiter unten noch ein weiteres Hostinec aus. Nur leider war auch dieses verwaist. Als wir dem Hungertod nahe noch ein wenig rumlullerten bog der Kneipier auf den Hof. Toni intervenierte sofort, biß aber auf Basalt. Erst als die Dame den Hauses die Bühne betrat und uns jämmerliche Gestalten erblickte öffnete sich der Kühlschrank. Feinstes, frischgezapftes Bier und Zitronenbrause floß die Kehlen hinab. Die Frage ob es etwas Essbares gibt wurde mit Würstchen im Zwiebelbett und Heringssalat beantwortet. F(r)isch OK? F(r)isch hervorragend!




Fast von selbst ;) konnte nun der Studenec gestürmt werden. Vom Vulkankegel ging es dann fast direkt in die ersten Sandsteintäler der böhmischen Schweiz. Auf einer Wiesenlichtung begrüßten uns zwei kapitale Hirsche zum Endspurt. Der Himmel hatte sich zugezogen und es fielen ein paar Tropfen. Der Sachse strahlte hin und wieder mal nach vorn, Toni drückt stoisch die Kurbel. Nachdem nun schon Singletrails, Forstwege und Wiesenpfade befahren wurden konnte jetzt auch mal radgewandert werden. Über Leitern und Bäume durchquerten wir einige Schluchten

um wieder ins Kirnitschtal zu gelangen. Die Uhr zeigte bereits nach Sieben als wir uns nach Hinterhermsdorf hochkurbelten. Jeder Meter wurde nun zäher. Um nicht einen maulenden Mob auf dem Rückweg besänftigen zu müssen, entschied ich mich die letzten Meter auf die Straße zu verlegen. Es blieb ja noch der Schlussanstieg zum Ungerberg. Der Sachse kämpfte hier tapfer gegen einen Totaleinbruch und gewann, Toni und ich stürmten dem schnellen Ende entgegen.




Nachdem der Krempel wieder ins KFZ gefaltet war statteten wir der Restauration noch einen Besuch ab. Das Bier schien fast ungenießbar, das alkfreie Hefe lief ausser Wertung, die Speisen aber waren in Ordnung. Spätestens jetzt war klar warum es sich lohnt ein paar hundert Kilometer mit dem KFZ durch Land zu fahren um sich auf einem Hügel aufs Rad zu setzten.


Allein die improvisierte Verpflegung war alle Mühen wert. So muss Geländeradfahren.   


   

     

 

Freitag, 15. Juni 2012

 
 

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